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Der Auftrag: Brüste halten und gestalten
Es ist eine durchaus ehrenvolle Aufgabe, die der BH tagein, tagaus und oft auch noch nachts zu erfüllen hat, denn ohne ihn wäre die Damenwelt größtenteils nicht so wohlgeformt. Er verhindert den Einfluss der Schwerkraft auf die etwas üppigeren Portionen, macht bei Bedarf ein wunderschönes Dirndldekollete, füllt Blusen auch bei kleinem Busen und verziert die hervorragende Weiblichkeit. Büstenhalter sind sowohl treue Begleiter als auch Spaßbereiter.
Erst wurde eingewickelt, dann weiterentwickelt
Ach, was wurde nicht alles versucht, um die weibliche Brust ins rechte Licht zu rücken oder aber sie plattzudrücken. Schon im antiken Griechenland kamen 2500 vor Christus stützende Stoffbänder zum Einsatz, die zum Leidwesen der Männer viel Sehenswertes verhüllten. Diese Bandagen waren aber auch die Vorreiter des heutigen Sport-BHs, denn wogende Brüste wurden bei Wettkämpfen auf diese Weise gebändigt, weil die Frauen dann männlicher wirkten. Mit der Zeit – über Jahre, Jahrhunderte und Jahrtausende – entstanden dann immer wieder andere Modelle, wie die jeweilige Mode es verlangte. Es gab Körbchen im Hemdchen, Schalen mit Hosenträgern befestigt, Korsetts der Marke „Bauch rein, Brust raus“ und natürlich spitzenmäßige Stoffbändervarianten.
Und wer hat’s erfunden?
Über diese Frage streiten sich die Patent-Geister, denn zwar gilt Mary Phelps Jacob aus den USA seit 1914 als Erfinderin des BH, aber es gibt noch etliche Mitbewerber, die sich ganz erfolgreich um die Büstenhalterentwicklung bemüht haben.
Hugo Schindler aus Böhmen hatte bereits 1893 ein schönes Stück aus zwei Schalen an Gürteln mit Trägern patentieren lassen, seine oben genannte Konkurrentin bastelte was Ähnliches aus Tüchern und Bändern, erhielt aber viel später erst das Patent. Die Dresdnerin Christine Hardt hat verknüpfte Taschentücher mit Männerhosenträgern kombiniert und ist etwa gleichzeitig wie die Französin Herminie Cadolle 1899 zur Patentanmeldung geschritten. Der Schwabe Wilhelm Meyer-Ilschen tat es ihnen irgendwann nach 1904 gleich mit seiner „Bruststütze ohne Unterteil“ und sein Schwiegervater Sigmund Lindauer hat dann 1912 ein kaiserliches Patent angemeldet für ein Modell aus Fischbein und Knochen.
Früher gab es Mieder, die waren recht bieder
Aber heute gibt es Büstenhalter, sexy und schick für jedes Alter, denn die weiblichen Rundungen sollten nicht übermäßig eingezwängt werden, auch wenn sie Übermaße haben, bei Bedarf aber auch eine Fülle zeigen, die ohne Nachhilfe nicht vorhanden wäre, und zudem der Erdanziehungskraft entgegenwirken. Das Ergebnis wäschekünstlerischer Schöpfungskraft kann sich sehen lassen, denn statt der altbewährten fleischfarbenen Figurformer trägt die Damenwelt auch bei figürlichen Unzulänglichkeiten wunderhübsche Teile. Außerdem soll sich der BH dann auch noch der Bekleidung anpassen oder gar überhaupt nicht sichtbar sein, das Dekolleté formen, Babys die Stillbrust schnell zugänglich machen und überhaupt so schön wie bequem sein.
Es gibt für jegliche Fülle die passende Hülle
Fullcup ist der Normalo unter den BHs
Ballkleid-BHs haben den Rückensteg tiefergelegt für den hinteren Ausschnitt
Bandeau-BHs sind eigentlich nichts anderes als ein breites Band mit Mulden
Nackenträger-BHs lassen bei schulterfreier Kleidung die Schultern frei
Minimizer-BHs verkleinern durch optische Täuschung
Push-up-BHs vergrößern durch kissengefüllte Täuschung
Bügel-BHs geben dort mehr Halt, wo die die Formen aus den Fugen gehen
Still-BHs haben Vorderverschluss als Schnellimbiss für Säuglinge
Balconette-BHs heben die Brüste durch breitstehende Träger
Männer wollen immer nur das Eine
Natürlich ist jeder Mann drauf aus, die inneren Werte einer Frau zu erkennen und einen Zugang zu ihrem Herzen zu gewinnen. Dass ihm dabei die weibliche Brust dazwischen kommt, ist ja nun nicht seine Schuld, aber da sein Blick nun mal darauf fällt, guckt er gerne auch noch ein zweites Mal hin. Dabei erwacht der Wunsch nach menschlicher Nähe und wenn er die dann auch noch hübsch verpackt findet, das ist die Glückseligkeit grenzenlos.
Frauen wollen immer nur das Andere
Die weniger gut bestückten Damen tragen die Büstenhalter mit Kisseneinlagen, weil sie fülliger wirken wollen und beneiden jene, die ordentlich Holz vor der Hütte haben, aber genau das möglichst plattmachen. Irgendwie scheinen sie nie zufrieden mit dem, was die Natur ihnen beschert hat, deshalb sind sie wirklich froh, dass es diese Tricks an Trägern gibt, die mit dem Busen unter den Blusen wahre Wunder wirken. Dabei sind die Kerle doch gar nicht mal so anspruchsvoll, wie man hier hören kann: „Schatz, findest du, ich habe zu wenig Busen?“ – „Nein, zwei sind okay.“
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